In fremden Gärten

Erzählungen, Herbst 2003, Arche-Verlag, Zürich und Hamburg

Ausserdem erschienen in:

Frankreich, Spanien, U.S.A., Russland, Thailand, Iran

Es war Sommer, und die Sonne schien durch die Ritzen der geschlossenen Fensterläden und zeichnete helle Flecken auf die Wände der zur Straße hin gelegenen Zimmer, schmale Streifen, die langsam nach unten glitten, breiter wurden, wenn sie den Boden erreichten, und über das Parkett und die Teppiche wanderten, hier und da einen Gegenstand berührten, ein Möbelstück oder ein vergessenes Spielzeug, bis sie am Abend die gegenüberliegenden Wände emporstiegen und endlich erloschen. Die Küche, an deren Fenster die Läden nie geschlossen wurden, war früh am Morgen in festliches Licht getaucht, und hätte sie jemand betreten, er hätte glauben können, die Bewohner des Hauses seien nur kurz in den Garten gegangen und kämen gleich zurück. Ein Lappen hing über dem Hahn, eine Pfanne stand auf dem Herd, als sei sie eben erst benutzt worden, in einem halbvollen Wasserglas, in dem sich kleine Bläschen gebildet hatten, brach sich das Licht.

Vom Küchenfenster aus ging der Blick hinaus in den Garten auf die Pfingstrosen und die Johannisbeersträucher, den alten Zwetschgenbaum und den in die Höhe geschossenen Rhabarber. Um neun Uhr oder etwas später, noch bevor es heiß wurde, hätte man sehen können, wie die Nachbarin den Kiesweg entlangkam, wie sie lautlos die Begonien goß und die Küchenkräuter, die in Töpfen auf der Freitreppe wuchsen. Später, wenn sie hinter dem Haus verschwunden war und dort die großen Gießkannen füllte und die Tomaten goß, die Himbeer- und die Blaubeersträucher, war das Rauschen der Wasserleitung ungewöhnlich laut in den Mauern des Hauses, das einzige Geräusch.
(…)

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