Magazin zum Tages-Anzeiger, 24.5.1997
Gegen hundert Bücher hat Edward Gorey in den letzten fünfzig Jahren publiziert, fast durchwegs kleine Bände mit dunklen Zeichnungen zu noch dunkleren Geschichten. Oskar Kokoschka, Samuel Beckett und Max Ernst haben seine Werke geliebt, aber bis heute findet man sie — wenn überhaupt — nur in den Comic- oder Kinderbuchabteilungen der Buchhandlungen. Edward Gorey kümmert das wenig. Zurückgezogen an der amerikanischen Ostküste zeichnet er mit einundsiebzig Jahren noch immer seine seltsamen, meist tragisch endenden Geschichten. Wie das Schicksal mit seinen Figuren, spielt Gorey mit Worten und Erzählformen. Eine seiner neueren Geschichten, «Der hilflose Türgriff», ist auf zwanzig Karten gedruckt, die sich mischen und in Trillionen von Reihenfolgen lesen lassen. Die folgende Reportage besteht aus vierzehn Kapiteln, die in immerhin 6’227’020’800 Reihenfolgen gelesen werden können. Alle Zwischentitel stammen von Werken Edward Goreys.
«L’heure bleue»
«Wo gehen all diese Leute hin und was tun sie dort?» Der Verkehr auf den Strassen von Cape Cod ist dicht. Es ist Freitag abend und Edward Gorey bringt uns zum Flugplatz von Hyannis, wo wir vor drei Tagen angekommen sind. Vier Fluggesellschaften, vier Autovermietungen und drei Automaten für Kaffee, Cola und Schokolade teilen sich das winzige Terminal. «Ich glaube ich muss jetzt gehen» sagt Gorey, «sonst wird mein Wagen abgeschleppt. Vielleicht sehen wir uns irgendwann wieder.» Dann ist er plötzlich verschwunden. Drei Tage haben wir miteinander verbracht, haben Eis gegessen, sind spazieren und ins Kino gegangen. Zuckerfreies Kaffeeis mit Cola, ein alter Turm mit Aussicht aufs Meer, «Primal Fear» mit Richard Gere. Vor dem Film isst Gorey ein KitKat. Er vermisst die Schokoladenmarken, die er als Kind im Kino gekauft hat. Während des Filmes nickt er ein. «Meine Gedanken sind gewandert», sagt er. Am nächsten Tag begrüsst er uns: «Je mehr ich über diesen Film nachdenke, desto schlechter finde ich ihn. Die Handlung macht keinen Sinn.»
«Die verbesserungsfähige Landschaft»
«Ich kann überhaupt nicht zeichnen. Ich hätte ungeheure Mühe, diese Aussicht zu zeichnen.» Edward Gorey sitzt auf seiner baufälligen Veranda und kratzt mit den Fingern die Bleifarbe von der Holzwand. «Schon in der Schule war ich kein besonders guter Zeichner.» Goreys Landschaften wirken fast immer flach, sind dunkel, Sträucher sind häufiger als Bäume. Seine Menschen gehen durch menschenleere Städte, bewegen sich über flache Hügel, über Wiesen, an Ufern entlang und in seltsamen Gärten. Sie gehen durch Regen und Schnee. Gorey selbst bewegt sich kaum, nennt sich eine «Couch-Kartoffel». Nur einmal in seinem Leben war er im Ausland: mit fünfzig besuchte er die nordschottischen Inseln. Er hasse es zu reisen, weil er, wenn er sich von einem Ort zum anderen bewege, nirgendwo sei. Auch sonst kennt er dieses Gefühl der Unwirklichkeit. «Oft erkenne ich Dinge nicht. Manchmal, wenn ich Bilder von mir sah, fragte ich, wer diese Person sei. Es war ziemlich peinlich.» Überhaupt hat er kein sehr starkes Gefühl für seinen Körper. «Ich finde es schwierig, mir vorzustellen, ein Ballettänzer zu sein.»
«Der zweifelhafte Gast»
Edward St. John Gorey wurde 1925 geboren. Er wuchs in Chicago auf, während der Prohibition und der Bandenkriege. Neben der Garage, in der Al Capone 1925 das St. Valentines Day Massacre veranstaltete, ging Gorey später zur Schule. Sein Vater war Journalist. «Ich glaube, er kannte viele Gangster.» Als Edward elf war, liessen sich die Eltern scheiden, als er siebenundzwanzig war, heirateten sie wieder. Im Zweiten Weltkrieg diente er drei Jahre der Absurdität und der Langeweile in einer Militärschreibstube in Utah. Er studierte einige Zeit französische Literatur in Harvard, arbeitete für verschiedene Verlage, zeichnete Buchumschläge und wurde Art Director. «Irgendwann merkte ich, dass ich schon seit Jahren freischaffend war. Seither frage ich mich, wie man davon leben kann. Überhaupt war ich immer erstaunt, wie Leute überleben können.» Lange lebte Gorey in einer kleinen Wohnung in Manhattan, aber er mochte New York nie wirklich. Er verbrachte immer mehr Zeit am Cape Cod, sechs Autostunden nördlich von New York. Seit etwa zehn Jahren lebt er ganz da. In New York war er seither nur noch einmal für einige Stunden. «Ich bin wie eine Katze», sagt er, «ich gewöhne mich an Orte. Wäre ich nach England oder Schottland gereist, wäre ich vielleicht nie nach Hause zurückgekehrt.»
«Der tropfende Hahn«
«Unglaubliche Insekten — Spass für die ganze Familie» verspricht die Bibliothek von Yarmouth ihren Benützern an diesem Abend, Paully und Dianna bieten auf Flugblättern Wochenendkurse über die geheimen Offenbarungen des Apostels Johannes an und der «Parnassus» Buchladen verkauft die «Ernennung von Herbert R. Senftleben zum SS-Mann» mit Originalunterschrift von Heinrich Himmler. «Das alles hier war einmal Wald», sagt Edward Gorey. Sein Haus, mitten im Dorf, ist fast zweihundert Jahre alt. «Kürzlich war es in , aber es fällt langsam auseinander.» In der WC-Schüssel taucht für Sekundenbruchteile ein Salamander auf. Edward Gorey ist schockiert. Eben wurde das Abwassersystem neu gemacht. Die Räume sind voller seltsamer Objekte: der Kiefer eines Wals, Steine und blaue Murmeln in wassergefüllten Becken, geschliffenes Glas, gedrechseltes Holz, rostige Metallgegenstände unsicherer Herkunft. Überall sind Bücher, Platten, CD’s. Im «Unterhaltungszentrum» stehen drei Videorecorder. Das Arbeitszimmer gleich daneben ist winzig. An den Wänden hängen Drucke von Matisse und Reproduktionen japanischer Tuschezeichnungen. Auf einer alten Öllandschaft steht der Sinnspruch: «Auf deinem eigenen Feld liegt das Glück.»
«Der Garten des Bösen»
In New York wirft eine Mutter ihr vier Monate altes Baby aus einem Fenster im vierten Stock. Eine Russin aus Upper Saddle River wird angeklagt, ihren Mann mit einer Axt erschlagen zu haben. In New Jersey steigen die Geburtsschäden und in Liberia breitet sich die Cholera aus. Ganz Amerika trauert um die 168 Toten des Bombenanschlages von Oklahoma City vor genau einem Jahr. Edward Gorey besitzt keine amerikanische Fahne. «Das 20 Jahrhundert ist das schlimmste Jahrhundert in dem jemals jemand lebte», sagt er, «Gier und Angst machen, dass die Welt sich dreht.» Dunkel sieht Edward Gorey die Welt, dunkel zeichnet er sie. «Natürlich sterben in meinen Büchern viele Menschen, aber im wirklichen Leben ja auch.» Er will mit uns zu seinem Haus fahren. Als er den Wagen startet, heult der Motor auf. Gorey legt den Gang ein und der Wagen rast vorwärts und bleibt erst im nächsten Garten stehen. Erschrocken schaltet Gorey den Motor aus und wieder ein. Jetzt läuft er normal. «Wieder eine dieser Sachen», sagt er, «die in diesem seltsame Leben geschehen.»
«Die grünen Perlen»
Edward Gorey kleidet sich immer gleich: alte Jeans und Tennisschuhe, wenn es kalt ist Pelzmäntel, zum Teil nach eigenen Entwürfen hergestellt. Dazu trägt er goldene Ohrringe, Ketten, ein Dutzend Ringe. «Das hat sich einfach so ergeben. Manchmal wenn ich Bilder von mir sah, dachte ich, was machst du da? Aber dann sagte ich mir, was soll’s!» Edward Gorey denkt nicht gerne über sich nach. Mit der selben Diskretion, mit der er seine Figuren behandelt, spricht er über sich selbst. «Ich finde mich nicht sehr interessant.» Faul sei er, fast paralytisch, bestimmt nicht aggressiv, auch wenn seine Zeichnungen oft grausam und beängstigend düster seien. Ausser an Klaustrophopie leidet er unter keinen Ängsten. «Ich denke, ich bin glücklich.» Dass er in einer vergangenen Zeit lebe, hört er nicht gerne. «Ich sehe nicht ein, wie man etwas anderes sein kann als zeitgemäss.» Politisch aktiv ist Gorey allerdings nicht. Die Wahl von Eisenhower 1952 hat ihn so sehr enttäuscht, dass er seither nicht mehr wählen ging. «Heute denke ich, es spielt keine so grosse Rolle, wer Präsident ist. Wer in die Regierung will, will entweder viel Geld oder er ist ein Egoman.»
«Vernachlässigte Mörderinnen»
«So sehr ich den Kubismus liebe, so wenig ertrage ich ihn auf die Dauer.» Besser erträgt Edward Gorey die Krimis von Agatha Christie, die er alle mehrmals gelesen hat. Auch Fernsehserien wie die «Golden Girls» und «Star Trek» (auch «The new generation») schaut er sich mit Vorliebe mehrmals an. «Ich liebe Schund», gibt er zu. Im Moment liest er ein Buch über Lustmörder. Daneben verschlingt er Literatur und Kunstbücher. Als wir kurz beim «Parnassus Book Service» vorbeischauen, kauft er fünf neue Bücher: über Afrikanische Kunst, eine Marxistische Kunsttheorie, Romane. «Mein einziges Motto ist: verlass das Haus nie ohne ein Buch.» Gorey liebt es, über Kunst zu reden. Eine zeitlang schrieb er sogar Filmkritiken für eine kleine New Yorker Zeitung. Er kennt so vieles, dass man nicht wagt, ihn nach Lieblingskünstlern, Lieblingsautorinnen zu fragen. Wichtig sind für ihn Jane Austen, der Stummfilmregisseur Louis Feuillade («Fantômas», «Die Vampire») , Matisse, Balthus. ¬Für einige Bilder von Balthus würde ich töten.» Goreys grosse Liebe aber gilt der asiatischen Malerei: «Wenn ich daneben die westliche sehe, denke ich oft, was für ein Durcheinander.»
«Der Anschauungsunterricht»
Bevor Edward Gorey zu zeichnen beginnt, schreibt er seine Texte. Oft liegen zwischen diesen zwei Arbeitsschritten Jahre. In Goreys Schubladen lagern stapelweise Ideen und Texte, zu denen er irgendwann die Bilder machen möchte. Und selbst wenn er mit dem Zeichnen angefangen hat, bleiben die Geschichten oft jahrelang liegen wie «Das unglückselige Kind»: «Ich hatte einfach keine Lust mehr, Tapeten zu zeichnen.» Bis zu zwei Tagen braucht Edward Gorey für seine Tuschezeichnungen, und es fällt ihm oft schwer, mit der Arbeit anzufangen. Zu gerne lasse er sich ablenken, schaue fern oder lese. So verpasst er alle Termine. «Manchmal arbeite ich den ganzen Tag lang nicht. Aber dann denke ich, mein Unterbewusstsein hat gearbeitet, und das Resultat wird irgendwann emporkommen.» Vor dem Fernseher näht Gorey manchmal Stofftiere, die er «Figbash» nennt, seltsame langarmige Schnabelwesen, die gelegentlich in seinen Büchern auftreten. Sogar kleine Skulpturen hat er zeitweise gemacht: «Ich hatte Ton und habe irgendetwas mit meinen Händen gemacht. Das Resultat hat nie jemand gesehen und wird wohl auch nie jemand sehen. Aber eigentlich interessiert mich Skulptur mehr als Malerei.»
«Das sinnlose Buch»
«Ich fühle mich den Dadaisten näher als den Surrealisten.» Wortspiele und Wortneubildungen spielen in Edward Goreys Arbeit eine grosse Rolle. Viele seiner Bücher hat er unter Pseudonymen veröffentlicht, die Anagramme seines Namens sind — Ogdred Weary, Dogear Wryde, E.G. Deadworry — und die Handlungen etlicher seiner Geschichten scheinen nur von zufälligen Reimen abzuhängen. Werken wie «Der Anschauungsunterricht» fehlt sogar dieser Zusammenhang: «Es war schon Donnerstag, aber das künstliche Glied seiner Lordschaft konnte nicht gefunden werden; deshalb packte er die Feuerzange und machte sich — nachdem er die Bediensteten angewiesen hatte, die Bäder einzulassen — unverzüglich nach dem Ufer des Sees auf.» Der zündende Funke für Goreys Werke sind oft Kunstwerke, Geschichten die er hört oder eigene Erlebnisse. «Die Geschichten selbst, denke ich, kommen irgendwo aus dem kollektiven Unbewussten.» Er habe oft keine Kontrolle über seine Geschichten, sagt er. «Ich kann den Künstlern nicht recht glauben, die sagen, sie hätten eine Geschichte schon fertig im Kopf und müssten sie nur noch schreiben.»
«Das unglückselige Kind»
«Charlotte Sophia, nunmehr beinahe blind, rannte auf die Strasse. Sofort wurde sie von einem Automobil zu Boden geschleudert. Ihr Vater stieg aus, um nach dem sterbenden Kind zu sehen. So sehr hatte es sich verändert, dass er es nicht erkannte.» So enden die Geschichte und das Leben des «unglückseligen Kindes». Immer wieder sterben Kinder in Goreys Werk, in den «Gashlycrumb Tinies» sogar alphabetisch bis: «Y steht für Yorrick, sein Kopf war eingeschlagen, Z steht für Zilla, die den Gin nicht vertragen.» Gorey hat eine kleine Sammlung von Postkarten, die tote Kinder zeigen. Anfangs dieses Jahrhunderts wurden diese als eine Art Todesanzeigen an entfernte Verwandte verschickt. «Die Bilder beunruhigen mich», sagt Gorey. Aber der Kindstod ist nicht nur eine makabre Marotte. Nie werden die Willkür und die Grausamkeit des Schicksals in Goreys Werk so deutlich, wie in der Darstellung sterbender Kinder, nirgends sonst ist so augenfällig, wie unspektakulär und letztlich wie unbedeutend der Tod ist. Gorey klagt nicht an, er klagt nicht, er stellt nur dar: hier stirbt ein Kind, und es macht keinen Sinn.
«Die elfte Episode»
Während seiner Zeit in New York besuchte Edward Gorey praktisch jede Aufführung des New York City Ballets. Den «Nussknacker» sah er 78 mal. Der Grund dafür war weniger seine Liebe zum Ballett als der Choreograph der Truppe, George Balanchine, den Gorey für eines der grössten Genies unseres Jahrhunderts hält. Der Tod von Balanchine 1983 war einer der Hauptgründe, weshalb Gorey aus New York wegzog. Seither besucht er keine Ballettvorführungen mehr. In den letzten Jahren wuchs dafür sein Interesse am Theater. «Theater ist das einzige, was mich im Moment noch interessiert», sagt er heute. Er schrieb verschiedene kleine Stücke, eine Art absurder Revuen — «Die verlorenen Schnürsenkel», «Ausgestopfte Elefanten», «Nützliche Urnen» — die unter seiner Regie von einem kleinen Laientheater am Cape Cod aufgeführt wurden. Einmal sprang Gorey für einen erkrankten Schauspieler ein und spielte an einigen Abenden eine kleine Rolle. «Aber ich habe es nicht gemocht. Ich hatte das Gefühl, nicht zu wissen, was mein Körper macht.»
«Die grosse Passion & die trübselige Häuslichkeit»
«Manchmal frage ich mich, ob ich nicht gerne das Opfer einer grossen Leidenschaft geworden wäre. Und dann denke ich, nein, das wäre ich nicht.» Eher unemotional sei er, sagt Edward Gorey, überwältigenden Situationen sei er immer ausgewichen. Zwar liebt er romantische Filme, aber in seiner eigenen Arbeit spielt die Liebe kaum eine Rolle. Vom «Schrecklichen Paar» heisst es: «Als sie versuchten, sich zu lieben, führten ihre fortgesetzten und angestrengten Bemühungen zu nichts», weshalb sie sich darauf verlegen, kleine Kinder umzubringen. «Eigentlich interessieren mich Tiere mehr als Menschen», sagt Gorey. Sein Vermögen hat er einer Tierschutzorganisation vermacht, und er lebt mit sechs Katzen zusammen: Charley, Alice, George, Weedon, Jane und Thomas. Alle tragen auch japanische Namen aus der altjapanischen Genji-Geschichte, aber die hat Gorey vergessen. «Sie sind sowieso unaussprechlich.» Er selbst könnte sich vorstellen eine Katze zu sein: «Katzen nehmen niemandem etwas weg. Oder eine Möve. Die haben keine Feinde und können all ihre Zeit damit verbringen, herumzufliegen.»
«[Das unbenannte Buch]»
«Verschwendung — Verlust von Ohren — ein Unfall in einem Lift — falsche Zuneigung — Dämonen — Entfremdung». Das prophezeit eine der Karten von Goreys Tarot, das letztes Jahr erschienen ist. Egal welche Karte man zieht: jede verspricht ausschliesslich Unannehmlichkeiten, Unfälle, Unglück. Dennoch sagt Gorey von sich, er sei eher ein Optimist. «Aber es geschehen zu viele schreckliche Dinge, die keinen Sinn machen. Es gibt Leute, die sagen, das alles sei in Gottes Plan und mache irgendwie Sinn, aber das glaube ich nicht.» Im christlichen Sinn sei er nicht religiös. «Mein Vater war Katholik, aber vor der Erstkommunion bekam ich die Masern, und damit war die Sache erledigt. Ich bin nicht sicher, ob ich an irgendetwas glaube.» Edward Gorey interessiert sich für Buddhismus und Taoismus, und vor ein paar Jahren entdeckte er das Werk von C. G. Jung. «Ich glaube wie er, dass all das Böse in der Welt aus uns selbst kommt.» Gelegentlich lässt er sich von Träumen seiner Freunde inspirieren. Seine eigenen hat er eine zeitlang aufgeschrieben, dann wurde es ihm zu anstrengend. «Ich träume ziemlich lebhaft. Oft von überdimensionalen Gebäuden. Und im Gegensatz zu meinem Leben gibt es in meinen Träumen sehr viel Bewegung.»
«Der erinnerte Besuch»
«… Man sagte Drusilla, sie werde einen wunderbaren alten Mann treffen, der in der dunklen Vergangenheit etwas erhabenes und kultiviertes getan hatte oder gewesen war. Schliesslich erschien Mr Crague. Er küsste die Hand von Miss Skrim-Pshaw, und sie stellte ihm Drusilla vor. Nachdem sie sich gesetzt hatten, sah Drusilla, dass Mr Crague keine Socken trug. Tee wurde gebracht: er war fast farblos, und dazu gab es einen Teller mit kandiertem Ingwer. Mr Crague sagte, er hätte Drusilla gerne seine Alben mit schönen Papieren gezeigt, aber sie seien oben in seinem Zimmer. Drusilla versprach, ihm die Futter von Couverts zu senden, die sie beiseitegelegt hatte. Auf dem Rückweg fielen einige Tropfen Regen. Irgendwie war Drusilla hungriger, als sie es vor dem Tee gewesen war. Tage vergingen. Wochen vergingen. Monate vergingen. Jahre vergingen. Drusilla neigte noch immer zur Vergesslichkeit. Eines Tages erinnerte sie etwas an das Versprechen, das sie Mr Crague gegeben hatte. Sie begann die Futter der Couverts in ihrem Zimmer zu suchen. Auf einem Zeitungsblatt, unten in einer Schublade, las sie, dass Mr Crague im Herbst nach ihrem Besuch gestorben war. Als sie die hübschen Papiere fand, wurde sie sehr traurig und fühlte sich nachlässig. Der Wind trug die Papiere durch ein offenes Fenster. Drusilla sah zu, wie sie davongeweht wurden.»
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